Rahmen:   Französisch-deutscher Konflikt 1870/71 und Begründung des Deutschen Reiches von 1871

8  Frankreich  (Napoleon III. und Öffentlichkeit) durch unerwartet rasche Entscheidung des 'deutschen Dualismus' zugunsten Preußens 1866 durch die Schlacht bei Königgrätz ungeheuer gereizt, da Hoffnung auf Schiedsrichterrolle Frkr.s einem preußisch-österreichischen. Erschöpfungskrieg vereitelt.
Enttäuschung über ausgebliebene 'Kompensationen' (in Gestalt linksrheinischer Gebiete) für das mit dem Norddeutschen Bund östlich des Rheins gegebene neue Machtgefüge.

8  Bald weitere außenpolitische Misserfolge Napoleons III.  (gescheiterter Versuch, Luxemburg unter französische Kontrolle zu bekommen sowie gescheiterter Versuch, ein von Frankreich protegiertes Kaisertum in Mexiko aufzubauen)

            Zusätzlich zu dieser Kette außenpolitischer Rückschläge wird Napoleon innenpolitisch durch eine stark anwachsende liberale, z.T. republikanische Opposition bedrängt.

 

8  +++ In diese Situation platzt 1870 die Spanische Thronkandidaturfrage mit Angebot an süddeutsche Hohenzollern-Linie (für französ. öff. Meinung völlig inakzeptabel, Erinnerungen an habsburgische Umklammerung im 16./17.Jh. weckend), das der preuß. König Wilhelm als Hohenzoll.-Familienchef zunächst unterstützt

            Frankreich legt sich in öffentlicher Parlamentserklärung vom 6.7.70 fest: Hohenzollernkandidatur = Krieg

8  èèè Daraufhin 12.7. Kandidaturverzicht des süddeutschen Hohenzollern. (Wieder mit Billigung des preuß. Königs Wilhelm.) Damit im Prinzip dem französischen Interesse Genüge getan!
èèè Jetzt legt Frankreich jedoch nach: Nach Frankreichs Meinung nicht vor aller Weltöffentlichkeit klargestellt, dass Preußen vor französischer Kriegsdrohung zurückgewichen war – das eigentliche Ziel Napoleons, einen diplomatischen Triumph über Preußen als Erfolg vor der französischen Öffentlichkeit vorweisen zu können und damit seine Popularität/Macht zu erhalten, also nicht erreicht.

8  Deshalb kommt es zur 'zweiten Runde' der Krise:
Französische Garantieforderung ( noch am 12.7.) an Wilhelm, dass nie mehr in aller Zukunft spanische Hohenzollernkandidatur der Hohenzollern
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Eingehen darauf hätte – dies war Bismarcks (aber eben auch Frankreichs) Überlegung –einen politischen Triumph des französischen Kaiserreichs bedeutet, nämlich praktisch:
 Eingeständnis des französischen Machtanspruchs (zu dem auch das – jedem damals im In-und Ausland bekannte Veto Frankreichs gegen einen über die Mainlinie hinausgehenden deutschen Einigungsprozess, also letztlich gegen die nationalstaatliche Einigung Deutschlands, gehörte).

            13.7. Vorstöße des französischen Botschafters in Ems, Ablehnung durch Wilhelm, und Bismarcks "Emser Depesche" (der von Bismarck redigierte – verkürzte u. verschärfte Bericht darüber  an die Presse). Diese Pressemeldung bildet den letzten Anstoß zu

8  +++ 19.7.1870 Kriegserklärung Frankreichs an Preußen
[Charakteristisch für die Situation , in die sich die französische Regierung manövriert hatte, ist der Satz Napoleons III. an seinen Kriegsminister Ollivier: "Sehen Sie, in welcher Lage sich eine Regierung manchmal befinden kann: Wir haben keinen richtigen Kriegsgrund, trotzdem werden wir uns für den Krieg entscheiden müssen, um den Willen des Landes zu gehorchen"]

            Die Defensivbündnisse ('Schutz- und Trutzverträge') Preußens mit den süddeutschen Staaten greifen jetzt; deshalb ist es sofort ein è deutsch-französischer Krieg

8  Frankreich geht in völliger politischer Isolierung und Selbstüberschätzung in den Krieg:
Bismarck hatte durch geschickte Diplomatie für einen möglichen Konflikt vorgebaut: Im Fall Österreichs  durch schonende Behandlung 1866, im Fall Russlands  durch lange geübte pflegliche Behandlung des preuß.-russ. Verhältnisses, im Fall Englands – dessen öffentliche Meinung ohnehin den französ. Kriegsentschluss für unverständlich hielt – durch Zuspielung der französischen Wünsche in Richtung Rheingrenze und betr. Luxemburg und Belgien; im Fall Italiens durch Versprechen, dass der von französischen Truppen 'schutzbesetzte' Kirchenstaat (der noch nicht dem 1859/60 begründeten italienischen Nationalstaat zugehörte) an Italien fallen sollte.

8  Verlauf: Trotz gewisser waffentechnischer Vorteile der französ. Truppen durch überlegene Planung Moltkes, rasche Heranführung der Truppentransporte durch sehr gutes Eisenbahnwesen und sofortigen – von der öffentlichen Meinung begeistert mitgetragenen – Kriegsbeitritt der süddeutschen Staaten zeichnet sich bald Überlegenheit der deutschen Seite ab:

8  Kapitulation der frz. Nordarmee mit Napoleon. III. am 2.9.70 bei Sedan = Ende seines Kaisertums.

8  Frankreich setzt als Republik den Krieg fort, da es nicht bereit ist, die in der deutschen Öffentlichkeit sofort erhobene Forderung nach Abtretung Elsass-Lothringens zu akzeptieren, muss aber im Januar 1871 nach Einschließung und Beschießung von Paris kapitulieren.

8  Gleichzeitig in die Wege geleitet die Gründung des seit langem gewünschten deutschen Gesamtstaates/Reiches (hierzu siehe mein „oben-unten“- Diagramm!) und dessen Proklamation am 18.1.1871 im Spiegelsaal von Versailles.