Der Präsident des Norddeutschen Reichstags, Eduard Simson, zusammen mit einer Delegation von Abgeordneten des Norddeutschen Reichstages, bittet König Wilhelm von Preußen (ab Januar 1871 Deutscher Kaiser) am 18. Dezember 1870 im Schloss von Versailles um die Annahme der Kaiserkrone.
Vorausgegangen war die parlamentarische Abstimmung im Norddeutschen Reichstag über die Anschlussverträge [inklusive der Reichsverfassung, die praktisch identisch mit der des Norddeutschen Bundes war] mit den 4 süddeutschen Staaten; deren Landtage stimmten ebenfalls zu; zuletzt der bayerische, knapp über der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit ]

Wilhelm antwortet tief bewegt, dass er dem einmütigen Ruf der Fürsten wie der Nation folgen werde.

Diese Szene ist staatsrechtlich die eigentliche Reichsgründungsszene [und hier füllen Parlamentarier/Volksvertreter den Raum] und nicht die in allen Büchern abgebildete Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles genau einen Monat später [bei der eigentlich nur noch die Formulierung des Titels 'Deutscher Kaiser' entschieden wurde und bei der Fürsten und Generäle zugegen waren].
Meiner persönlichen Meinung nach sollten in einem Staat, der wie die Bundesrepublik Deutschland Rechtsnachfolger des Reiches von 1871 ist, die 'Volksanteile' - das "von unten"  - bei seiner Entstehung nicht prinzipiell ausgeblendet werden, wie dies im öffentlichen Geschichtsbewusstsein vielfach der Fall ist, etwa wenn das bekannte Bild von der Kaiserproklamation in einer alle Grundsätze der Quelleninterpretation missachtenden Weise als 'Beweis' herangezogen wird, dass die Reichsgründung von 1871 lediglich ein Machwerk von Fürsten und Generälen gewesen sei, das dem Volk sozusagen gegen seinen Willen übergestülpt worden sei.