Zur bayerischen Verfassung
von 1818
(abgesehen von wichtigen
Änderungen, v.a. 1848/49, bis 1918 gültig)
■ Als Mitglied des Deutschen Bundes (auf dem Wiener Kongress 1815 begründet) folgte Bayern wie andere süddeutsche und einige mitteldeutsche Staaten dem Auftrag der ‘Bundesakte’, seinen Untertanen eine Verfassung zu geben. Nach Sturz Montegelas’ - der ein Gegner dieses Vorhabens war - wurde am 18.5.1818 eine Verfassung erlassen, die sich - um das in der ganzen Wiener-Kongress-Ordnung vorrangige „monarchische Prinzip“ (im Klartext: Prinzip der monarchischen Souveränität) zu betonen - als Geschenk und freiwillige Selbstbeschränkung des Monarchen ausgab.
■ Bayern jetzt eine konstitutionellen Monarchie , d.h. königl. Macht durch Verfassung beschränkt, v.a. durch die Begründung einer Legislativkörperschaft sprich Landtag, allerdings noch nicht, wie es die parlamentarische Monarchie erfordern würde, Abhängigkeit der Regierung von der gewählten Volksvertretung (d.h. König ernannte und entließ die Regierung ohne Mitwirkung des Landtags).
I. Kammer („der Reichsräte“ mit Prinzen, den 2 Erzbischöfen, Vertretern der ehemals reichsständischen Familien u. einer Reihe auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern)
Zweikammersystem
.
■ Wahlrecht an eines der 3 christlichen Bekenntnisse gebunden. Außerdem restriktives
Zensuswahlrecht [so dass nicht einmal ¼ der nachdamaliger Auffassung allein für politische Mitbestimmung in Frage kommenden Männer über 25 wählen konnte]. Wahlrecht war überdies nicht geheim.
■ Rechte dieses ‘Landtags’ im Vergleich zu späteren Verfassungen (etwa des Kaiserreichs von 1871) sehr begrenzt:
- Gesetzgebung - aber ohne Gesetzesinitiative, die beim König lag
- Steuerbewilligungsrecht als wichtigster Hebel - aber noch keine volle Budgetgewalt mit dem Recht, über den Umfang einzelner Haushaltstitel zu entscheiden (erst 1848)
- nur Petitions- u. Beschwerderecht - dies allerdings vom LT ständig als Ansatz zur Erlangung der Gesetzesinitiative in Anspruch genommen.
- Immunität der Abgeordneten war gegeben
- musste mindestens alle 3 Jahre einmal einberufen werden.
è Trotz aller
Einschränkungen bot der Landtag ein entscheidend wichtiges Forum und
Betätigungsfeld für den entstehenden bayerischen Liberalismus!
■ Gewisser Grundstock an Grundrechten : (‘Freiheit des Gewissens’, ‘Freiheit der Meinungen’,
allerdings ‘mit gesetzlichen Beschränkungen gegen den Missbrauch’, ‘gleiches Recht der
Eingeborenen zu allen Graden des Staatsdienstes’*), ‘Gleichheit der Gesetze und vor dem Gesetz’,
‘Unparteilichkeit... der Rechtspflege’, allg. Wehrpflicht
* allerdings in der Praxis stellte der Adel (insgesamt ca. 1700 Familien
) im Bayern des 19. Jh. ca. 41 % der
Minister, 59 % der Regierungspräsidenten, 73%
der Spitzenstellungen in der Armee.
■ Mit Erlass der Verfassung wurde auch die kommunale Selbstverwaltung, die Montgelas abgeschafft hatte, wiederhergestellt.
Verfassung und Landtag wirkten als wichtige, vielleicht stärkste Klammer für den neuen bayerischen
Staatsbau. Auch das Beamtentum, in das jetzt viele Franken, Schwaben u. Pfälzer einströmten.
All dies
ließ ein Zusammengehörigkeitsgefühl wachsen, das auch den Sturz der Monarchie
1918
überdauerte.