Zu M 3, S. 131 (Gothaer Programm der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands von 1875):

Frage

relevante Zeilen

 

I)

1-20

„Programmatische Grundaussagen“:

 

1-3

Das Privateigentum an Wirtschaftsbetrieben = Ursache allen Elends

 

4-7

Lösung der sozialen Frage geht nur über Abschaffung dieses Privateigentums, d.h. durch Vergesellschaftung / Überführung in Gemeineigentum / Sozialisierung der Wirtschaftsunternehmen.

 

6
13
14

Erst dadurch wird möglich: „gerechte Verteilung“ der Erträge, „Abschaffung der Ausbeutung“ und des „Systems der (ausbeuterischen) Lohnarbeit“ und damit der „sozialen und politischen Ungleichheit“

 

5

Die Organisation der neuen sozialistischen Wirtschaft soll „genossenschaftlich“ sein (also nicht zentralistisch von oben, vom Staat [wie z.B. vor der Wende in der DDR und im gesamten Ostblock] *), sondern sozusagen demokratischè demokratischer Sozialismus).

 

8

Herbeigeführt werden kann dieser Wandel in der Sicht des Programms nur durch die „Arbeiterklasse“, hier als einzige fortschrittliche Kraft gesehen.. „Alle anderen Klassen“ bzw. sozialen Schichten – also Bürgertum, Adel sowieso, Bauern – seien nur eine „reaktionäre Masse“.

Der Wandel also nicht im Konsens <sozusagen schiedlich-friedlich>*), sondern durch Klassenkampf mit Sieg der Arbeiterklasse (des Proletariats). [Hier Einfluss von Karl Marx.]

 

 

Folgendes könnte auch schon unter“ praktisch-politische Grundaussagen“ gebracht werden.

 

16-20

Als praktischen Anfang („Anbahnung“) wünscht der Text die „Errichtung von sozialistischen Produktionsgenossenschaften“ mit Staatshilfe [gewisser Gegensatz zu Zeile 8!]

 

 

Gemeint ist hier (was ihr noch nicht wissen konntet), dass sich Arbeiter zusammentun und eigene Betriebe in eigener Regie gründen (oder eventuell vorhandene Betriebe kaufen) und zwar mit finanzieller Unterstützung des Staates. Dies war einer der zentralen Gedanken von Ferdinand Lassalle, dem Gründer des „Allgemeinen deutschen Arbeitervereins) von 1863.

 

21-50

Wichtigste “ praktisch-politische Grundaussagen“:

 

21-23

Allg. gleiches Wahlrecht auf allen Ebenen, also nicht nur auf Reichsebene, sondern auch Länder- und Kommunalebene. [Bemerkenswert: Frauenwahlrecht nicht explizit gefordert. *)]

 

24

Möglichkeit des Volksentscheids, bes. über Krieg u. Frieden

 

27

Kein Berufsheer (sondern wohl Art Volksmiliz).

 

28f

Zielt auf Abschaffung von Ausnahmegesetzen gegen die Sozialdemokratie ab

 

31

„Rechtsprechung durch das Volk“

 

32ff

Unentgeltlicher Zugang zu allen Bildungseinrichtungen è gleiche Bildungschancen auch im Bereich der höheren Schulen und der Universität

 

39

progressive Einkommenssteuer

 

41

ungehinderte Möglichkeit von gewerkschaftlichem Zusammenschluss (= „Koali-tionsrecht“) und Streik

 

42ff

Umfassende Arbeiterschutzgesetzgebung

II)

11

nur mit „gesetzlichen Mitteln“; ferner könnte man auch nennen: Spekulation auf „Staatshilfe“ in Z. 17; ferner: die praktischen Forderungen wären mittelfristig oder langfristig fast allesamt ohne revolutionäre Umgestaltung  zu verwirklichen gewesen.

*) Kleiner Trick bei Textauswertung: Nicht nur schreiben, was der Text mit einer bestimmten These will,  sondern auch was er damit logischerweise nicht will / ablehnt. Dadurch kann man der Textauswertung mehr ‚Kante geben’. Überhaupt:  immer auch „zwischen den Zeilen lesen“ / „extrapolieren“.