Umformung Bayerns in einen modernen Verwa1tungsstaat durch Montgelas
Durch
Anfall der ,neubayerischen' Gebiete Schwabens und Frankens (ca. 1,2 Mill. ,Neubayern' kamen zu ca 2,5 Mill. ,Altbayern'; gebietsmäßig kamen 83
größere und kleinere Herrschaftsgebiete und dazu noch ca 150 Miniaturherrschaften
zu den altbayerischen Gebieten hinzu) 1803ff im Zug der von Napoleon
verordneten Mediatisierung und Säkularisierung ergab sich zwangsläufig
das Problem einer einheitlichen
Gesamtorganisation des [zudem nach Auflösung des Alten Reichs 1806 zum
Königreich erhobenen] Staates - politisch, wirtschaftlich, rechtlich.
Grobübersicht
über die Reformen:
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Reform der Staatsverwaltung:
ð 5 Ministerien nach Fachressortprinzip
(A/I/F/J/K)
ð Einteilung des gesamten
Staatsgebiets in Verwaltungssprengel (in etwa Vorläufer der heutigen Bezirks- und
Kreiseinteilung
ð Beseitigung der überkommenen kommunalen Selbstverwaltungsrechte, strenge Staatsaufsicht;
besonders hier deutlich: weitgehender Zentralismus, geprägt vom Geist des aufgeklärten Absolutismus,
dies Gegensatz
zu den preußischen Reformen von Stein und Hardenberg!
ð modernes Berufsbeamtentum (z.B. Beseitigung von
Erblichkeit und Käuflichkeit der Ämter sowie der
Korruption)
(Qualifikationsprinzip, Staatsprüfungen, feste Besoldung etc.)
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Bayern
durch Abschaffung sämtlicher Binnenzölle als erster deutscher Einzelstaat einheitlicher
Binnenwirtschaftsraum
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Schritt
zum überkonfessionellen, ‘paritätischen’
Staat („voller Genuss der bürgerlichen Rechte“ für
alle 3 christlichen Glaubensgesellschaften, eingeschränkt durch Judenedikt auch
für Israeliten)
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Säkularisation sämtlicher
Klöster (über 1/2 der bayerischen Bauern
unterstanden bis dahin klösterlicher
Grundherrschaft; 1/3 der heutigen bayerischen Staatsforsten basiert auf den
ehemals klösterlichen Waldungen, z.T. Vernichtung unersetzlicher Kulturwerte;
bis dahin weithin von der Kirche wahrgenommene Funktionen - Armen- u.
Krankenpflege, Schulwesen - gingen an den Staat über).
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Die
Prinzipien der Neuordnung, die man als „Revolution von oben“ bezeichnen
kann, waren geprägt vom Geist der Aufklärung:
ð grundsätzlich Trennung von Staat und Dynastie: d.h.:
König gilt als oberster Beamter des Staates, der Staat nicht als
Besitz der
Dynastie; Regierungsakte des Königs
brauchten die Gegenzeichnung des
zuständigen Ministers.
ðGleichheit der Rechte und Pflichten aller
Staatsbürger:
d.h. gleicher Zugang zu den
öffentlichen Ämtern, gleiche Besteuerung (nach Vermögen, nicht nach Stand);
überhaupt Abschaffung ständischer ,
besonders (fast aller) adliger Vorrechte, wie eben z.B. das Adels monopol
für
höhere Staatsstellungen,
Steuerfreiheit
des Adels oder privilegierter Gerichtsstand des Adels;
allerdings behielt der Adel bis zur Revolution von 1848 die niedere Gerichtsbarkeit
und Polizeigewalt über seine
grundhörigen Bauern;
(nicht im linksrhein.
Bayern!)
abgeschafft war jedoch die
Leibeigenschaft mit ihren persönlichen Beschränkungen; Grundsatz war
Sicherheit
der Person und des Eigentums;
ð
aus diesem Grundsatz
ergab sich logischerweise auch die Unabhängigkeit
der Justiz (d.h. Unabhängigkeit und
Unabsetzbarkeit der Richter sowie Pflicht zur Begründung eines jeden Urteils);
Strafrechtsreform (u.a. Folter und
Hexenverfolgung werden endgültig
gestrichen) sowie die oben bereits angesprochene Toleranz bzw. Gewissensfreiheit,
auch in Gestalt einer weitgehenden Pressefreiheit.
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FERNER: Schulreform (Zentralabitur, Staatsexamen
für Lehrer, Schulpflicht, staatliche Lehrerbildungsanstalten, 1.
landwirtschaftliche Hochschule) /Staatliche
Post / -Staatsbank / 1. öffentliche Pockenschutzimpfung in Dtld. /
Statistik und Topographie <Vermessung> des gesamten Landes /
1811 1. Oktoberfest