Aspekte zum Versailler Vertrag bzw. der Pariser Friedensordnung von 1919
Durch Verlust der Kolonien Dtld. befreit von der Last kolonialer
Probleme.
§
Gebietsabtretungen siehe Karte im Buch S.
227.
§
Bei einer Reihe von
territorialen Regelungen Widerspruch zum
Prinzip der Selbstbestimmung der Völker (vgl. „14 Punkte“ Wilsons),
das vor anderen Erwägungen (z.B. wirtschaftlichen und strategischen)
zurücktrat:
z.B. im Fall der
è
Sudetendeutschen (31/2 Mio Dt.e in den Randgebieten
Böhmens),
èDanzigs (95%
deutsche Bevölkerung) [Danzig von Dtld. getrennt, unter Völkerbundskontrolle,
als Zugeständnis an Polen, damit Weichselmündung nicht unter deutscher Kontrolle
ist],
è Südtirols
(damals ca. 98% deutschsprachig; an Italien als ‚Belohnung’ für italienischen
Kriegseintritt an der Seite der Entente),
èTeilen des sog.
„polnischen Korridors“;
èauch
Anschlussverbot für Österreich (entgegen der Willenserklärung der
österreichischen Nationalversammlung).
Die
von Frankreich (Clemencau) gewünschte
Abtretung der linksrheinischen Gebiete
scheitert am Widerstand der angelsächsichen Mächte (d.h. Wilson und Lloyd George).
§
Lloyd George damals: "Ich kann mir kaum eine stärkere Ursache für
einen künftigen Krieg vorstellen, als dass das deutsche Volk rings von einer
Anzahl kleiner Staaten umgeben werden soll, von denen (jeder) breite Massen von
Deutschen umschließt, die die Vereinigung mit ihrem Heimatland fordern."
Und Wilson: "... es wäre unser größter Fehler, ihm (=Dtld.) triftige
Gründe zu geben, eines Tages Rache nehmen zu wollen... Ich fürchte für die
Zukunft nicht die Kriege, die durch geheime Verschwörungen der Regierungen
vorbereitet werden, sondern vielmehr die Konflikte, die aus der Unzufriedenheit
der breiten Masse erwachsen... In der ganzen Welt lebt heute der
leidenschaftliche Wunsch nach Gerechtigkeit...."
§
Zu den Abrüstungsbestimmungen (100.000-Mann Berufsheer etc.): Dtld. (mit
Österreich) einziges Land, bei dem der Abrüstungsauftrag der Völkerbundssatzung
realisiert wurde.
§
Starke Souveränitätsbeschränkung
- z.B. lnternationalisierung der dt.en Ströme und des deutschen Luftraums;
Interalliierte Militärkommission, Reparationskommission.
§
Alleinige Kriegsschuldzuweisung zur Rechtfertigung
der Aufbürdung
aller Kriegsfolgelasten: REPARATIONEN.
1921 Festsetzung auf 132 Mrd. Goldmark, davon sollten 52% an Frkr., 22% an GB, Rest
an Belgien, Italien, Jugoslawien gehen.
Die deutschen Nachkriegsregierungen treiben notgedrungen eine Politik der Vertragserfüllung („Erfüllungspolitik“), versuchen jedoch den außenpolitischen Spielraum zu erweitern durch den Rapallo-Vertrag mit Sowjetrussland (Aufnahme diplomatischer Beziehungen, gegenseitiger Verzicht auf Kriegsentschädigung, Meistbegünstigung im Handel, später unter dem Schutzmantel dieses Vertrags auch geheime Trainingslager der Reichswehr in Russland zum Training an Waffengattungen, die durch den Versailler Vertrag verboten waren).
Zum Völkerbund
(Sitz: Genf)
§
Philosophische Wurzeln in der
Aufklärung. Durchbruch des Völkerbundsgedankens in die praktische Politik durch
Wilsons ,,14 Punkte“. Die Völkerbundssatzung war Bestandteil aller Pariser
Einzelverträge.
§
Präambel: Jeder Beitretende
verpflichtet sich, auf Krieg als Mittel der Politik zu verzichten. Art. 8 legt die
Mitglieder fest, ihre Rüstung auf das mit der nationalen Sicherheit und
internationalen Verpflichtungen gerade noch zu vereinbarende Minimum herabzusetzen,
und schrieb dem Völkerbundsrat vor, Pläne für eine solche Abrüstung auszuarbeiten.
§
Art.10: Schutz der territorialen
Integrität u. polit. Unabhängigkeit aller Völkerbundsmitglieder. (Dadurch
erscheint der VB als Konservator des status quo, wie er durch die
Friedensverträge geschaffen wurde.)
§
Art. 16: Sanktionen
vom wirtschaftl. Boykott bis hin zu militärischen Maßnahmen.
In den 1930er Jahren erweisen sich die
Sanktionsinstrumente des VB gegenüber der Gewaltpolitik Hitlers [der 1933 den
Austritt Deutschlands aus dem VB erklärte] aber auch Stalins [die Sowjetunion
wurde wegen ihres Krieges gegen Finnland 1940 ausgeschlossen] wirkungslos.
§
Die Kriegsverlierer zunächst von der
Mitgliedschaft ausgeschlossen
< Beitritt der Besiegten: BuIg. u. Österr. 1920, Ungarn 1922, Deutschland
1926 (von Anfang an als Ratsmitglied), Türkei 1932 >
Aus anderen
Gründen Nichtmitglieder:
§
Sowjetrussland (Beitritt erst
1934, Ausschluss 1940 wegen Angriff auf Finnland),
§
USA infolge Rückzug in den Isolationismus [die
Amerikaner wollten "back to normalcy" und nicht weiterhin in
europäische Probleme verstrickt sein, im Senat kommt die notwendige
2/3-Mehrheit für das Vertragswerk nicht zustande] - obwohl das ganze Pariser
Konferenz-Werk erst durch die kriegsentscheidende Rolle der USA ermöglicht
wurde, jetzt bewusst Verzicht auf weitere Führungsrolle.
§
Durch die ethnische
Streulage in weiten Teilen Ost- u. Südosteuropas Minderheitenprobleme
(ethnische Konflikte) vorprogrammiert â vgl. Karte S. 231!
§
Vgl. Polen [nach Angriffskrieg gegen das
bürgerkriegsgeschwächte Russland] :
17,4 Mio Polen, 4Mio. Ukrainer, 3 Mio Juden, 1,5 Mio Weißrussen, 1,5 Mio
Deutsche, 0,1 Mio Litauer.
Oder CSR: 6 Mio Tschechen, 2 Mio
Slowaken, 31/2 Mio Deutsche
("Sudetendeutsche"), 0,7 Mio Ungarn, 0,5 Mio
Ukrainer, 0,2 Mio Juden.
§
Doppelfunktion
dieses Staatengürtels
(a) als Cordon Sanitaire gegen
Ausbreitung des Bolschewismus und
(b) als Mittel zur Eingrenzung Deutschlands.