Reichsverfassung von 1871(-1918) q Konstitutionelle Monarchie im Gegensatz zur parlamentarischen Monarchie wie in England:
D.h. Regierung (Reichskanzler!) nicht von
Mehrheit des RT abhängig, vielmehr Ernennung und Absetzung allein durch
Kaiser ohne Beteiligung des Reichstages (im Gegensatz zur parlamentarischen
Monarchie à la England, wo die Regierung aus dem Parlament hervorgeht).
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Auf der anderen Seite hat der
RT – zusammen (gleichgewichtig) mit dem Bundesrat - die
Legislative und - vor allem wichtig - das Budgetrecht (Entscheidung über
Finanzierung der Politik - wie? <also z.B. welche
Steuern?> wieviel? wofür?) inne; beim Militär
allerdings, wie gesagt, nur in mehrjährigen Abständen.
Ferner wäre zu denken an das Prinzip, dass der Kanzler seine Politik vor dem RT vertreten, d.h. sich der parlamentarischen Diskussion stellen musste ['Kanzlerverantwortlichkeit']; die großen politischen Sachdebatten (die zu den Highlights der deutschen Parlaments-geschichte gehören!) fanden im Kaiserreich im RT statt. Dies - aber auch die im Vergleich mit anderen Ländern relativ ‘demokratische’ Legitimierung durch allgemeines, gleiches, direktes, geheimes Wahlrecht - mit der Grund dafür, dass der RT in der Verfassungswirklichkeit und im Bewusstsein der Öffentlichkeit zunehmend dem Bundesrat (der nur rein theoretisch das gewichtigere Organ war) den Rang ablief. Die eigentliche Polarität war: Kaiser - Reichstag! [Außerdem saßen im Bundesrat nicht einfach die Vertreter der Einzelfürsten, sondern der Einzelstaaten, die alle Verfassungsstaaten waren.] ====================================================================== *) Auswirkung I Langzeiteffekt: è Führte bei manchen zu Geringschätzung des RT [bloßer ‚Diskussionsklub’ - stimmt aber nicht, es war ja nicht allein 'Diskussion’, sondern.... siehe oben!] sowie zum Eindruck: das eigentliche Rückgrat des Staates seien Kaiser und Armee - wozu auch die Tatsache beitrug, dass die Reichsgründung auf der Basis zweier gewonnener Kriege <1866 und 1871> erfolgte, wobei die meisten vergaßen, dass ja nicht nur die militärische Leistung, sondern ganz wesentlich das außenpolitische Geschick Bismarcks und auch seine geschickte Behandlung der süddeutschen Staaten die Reichsgründung ermöglicht hatte. è Konstitutioneller Verfassungstyp [also: Regierung wird vom Kaiser ernannt, geht nicht aus dem Parlament hervor] zwingt nicht, wie im parlamentarischen System, die Parteien sich zu Regierungskoalitionen 'zusammenzuraufen’ und sich im politischen Kompromiss zu üben, vielmehr konnte jede Partei ohne Gefahr für die Regierungsfähigkeit ihr interessenmäßiges oder ideologisches Steckenpferd reiten. (è in der Weimarer Republik war mangelnde Kompromissfähigkeit der Parteien und Parteizersplitterung eine wichtige Mitursache für das Scheitern der WR)
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